Eine Reaktion auf die jüngsten Aussagen des Nationalen Sicherheitsberaters der Vereinigten Staaten im Rahmen seines Israel-Besuchs hat nicht lange auf sich warten lassen. Und so macht der Syrien-Konflikt einmal mehr internationale Schlagzeilen, nachdem John Bolton die syrische Assad-Regierung vorbehaltlich vor einem Chemiewaffen-Einsatz im Angesicht der bevorstehenden Offensive in Idlib gewarnt hatte.

Washington werde, so Bolton, in diesem Fall mittels einer „noch größeren Militäroffensive“ auf ein solches Ereignis antworten. Syriens Verbündeter Russland ließ diese Warnung nicht einfach unkommentiert stehen. Vielmehr erging die Warnung, dass erneut eine „unmittelbare Provokation in Bezug auf einen Einsatz von Chemiewaffen in Idlib“ bevorstünde.

Diese Aussagen lassen darauf schließen, dass sich in Idlib bald ähnliche Dinge abspielen könnten wie im Fall von Duma. Nachdem westliche Journalisten vor Ort keine Belege für einen dortigen Chemiewaffen-Einsatz, wie er durch westliche Staatsregierungen in die Öffentlichkeit getragen wurde, fanden, hatte US-Präsident Trump die US-Finanzierung der „Weißhelme“ vorerst auf Eis gelegt.

Aus dem Rückspiegel der Ereignisse betrachtet lässt sich feststellen, dass sich die Situationen in Syrien gleichen. Auch in 2015 erweckte es den Eindruck, als ob sich die Dschihadisten und Extremisten am Rande einer Niederlage befanden, was die Hoffnungen auf eine Rückkehr von Stabilität in dem bürgerkriegsgeplagten Land nährte.

Doch just zu solchen Zeitpunkten geschieht dann plötzlich etwas, was dazu beitragen könnte, den Syrien-Konflikt in eine globale Krise eskalieren zu lassen. Ähnliches zeichnet sich gerade wieder ab. Wenn die USA in ihrer Rhetorik verbal aufrüsten, lassen sich die Russen natürlich nicht lange bitten.

Denn ein hochrangiger, russischer Abgeordneter der Duma hat den Kreml am letzten Freitag öffentlich dazu aufgerufen, vorbehaltlich eine eigene „rote Linie“ in den Sand zu zeichnen. In diesem Zuge wurde die Forderung nach „einer Nutzung von taktischen Nuklearwaffen gegen amerikanische Streitkräfte in Syrien“ laut.

Russland Nachrichtenagentur TASS zitierte Wladimir Gutenew, den stellvertretenden Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftsstrategien und Mitglied des Expertenrates im russischen Unterhaus, mit den folgenden Worten:

Ich bin davon überzeugt, dass Russland nun seine eigene rote Linie in den Sand zeichnen muss. Die Zeit ist gekommen, in der wir – wie unsere Experten vorschlagen – über Varianten einer asymmetrischen Antwort gegenüber den Vereinigten Staaten nachdenken müssen. Es geht nicht nur darum, adäquate Antworten auf die durch die USA verhängten Sanktionen gegen unser Land zu finden, sondern auch eine Reihe von Vergeltungsschäden zu initiieren.“

Zu diesen ins Spiel gebrachten Vergeltungsaktionen zählt unter anderem die Forderung nach einer Stationierung von taktischen Nuklearwaffen in Syrien. Gutenew führte weiter aus, dass Russland „dem Beispiel der USA in der Zukunft folgen sollte, um taktische Nuklearwaffen in ausländischen Nationen zu stationieren“. 

Es ist bislang noch unklar, was Gutenew mit „dem Beispiel der USA Folge leisten“ gemeint hat. Allerdings kursieren bislang nicht verifizierte Vorwürfe, laut denen sich die Vereinigten Staaten und deren Verbündeter Israel Mini-Atombomben in Syrien und dem Jemen bedient haben sollen, was zurzeit ein großes Thema unter pro-russischen Quellen ist. TASS zitiert Gutenew in diesem Zusammenhang wie folgt:

Es ist kein Geheimnis, dass enormer Druck auf Russland ausgeübt wird, und es lässt sich von einer zukünftigen Verschlimmerung ausgehen. Es zeichnet sich immer klarer ab, dass die Zusammenarbeit Russlands mit anderen Nationen im Hinblick auf den Verteidigungssektor zerstört werden soll. Wie anders lässt sich erklären, dass die USA nun die Möglichkeit in Erwägung ziehen, auch Drittstatten mit Sanktionen zu belegen, die russische Waffensysteme kaufen? Wir sollten dem Ratschlag von einigen unserer Experten Folge leisten, die fordern, dass Russland einst abgeschlossene Verträge wie jenen über eine Nicht-Proliferation von Raketensystemen über Bord wirft und sich einer Stationierung von taktischen Nuklearwaffen in Drittstaaten öffnet. Es ist möglich, dass Syrien, wo wir eine gut geschützte Luftwaffenbasis unterhalten, einer dieser Drittstaaten werden könnte.“

Darüber hinaus brachte Gutenew eine Abwicklung von russischen Waffenexporten auf Basis von Kryptowährungen, die an Gold gekoppelt sind, ins Spiel. Aus Sicht Chinas, Indiens und anderer Länder werde sich sein Vorschlag, so Gutenew, als interessant erweisen. Und weiter erklärte er wie folgt:

Im Boxring kann jemand nicht nur den Versuch unternehmen, Schlägen auszuweichen, sondern muss den Gegner ebenfalls auf seine Weise attackieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn alle Regeln für einen fairen Kampf über Bord geworfen worden sind, und sich der Schiedsrichter – wie die Welthandelsorganisation und andere internationale Institutionen – dazu entscheidet, stumm zu bleiben.“

Im Hinblick auf die bislang verhängten US-Sanktionen gegen Russlands Verteidigungssektor erklärte Gutenew, dass das daraufhin lancierte Importsubstitutionsprogramm sehr gute Resultate erzielt habe. Alternative Lieferanten seien gefunden worden. Trotz allem zeigte sich Gutenew besorgt ob der Tatsache, dass die Sanktionierung seines Landes nach wie vor an Momentum gewinne.

Es lässt sich nicht verhehlen, dass die nun durch Gutenew ins Spiel gebrachten Vorschläge sehr stark an den Kalten Krieg vor dem Mauerfall erinnern. Die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Konfrontation zwischen den USA und Russland wird im Angesicht der aktuellen Geschehnisse immer besorgniserregender, was auch die eskalierenden Einschüchterungstaktiken und nuklearen Drohungen mit einschließt.

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